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ÄMUL 3774

ÄMUL 3774
ÄMUL 3774 Rekonstruktion

Standort: Ägyptisches Museum der Universität Leipzig
Inv.-Nr. 3774 (Kriegsverlust)
Bezeichnung: Krugverschluss mit Rollsiegelabdruck des Königs Niuserre

Herkunft:

Giza, Westfriedhof, aus Mastaba D 208, Vorhalle, Schacht 9.
Erwerbung: Fundteilung 1903
Material: gebrannter Ton
Maße: L. 5,0 cm; B. 4,5 cm
Datierung: 5.-6. Dynastie
Beschreibung:
Der Krugverschluss hatte die Maße von 5,0 cm × 4,5 cm. Die darauf abgerollte Siegelung, schätzt Frank Steinmann, Tongefäße, KÄSL 2, S. 163 auf 2,8 cm Höhe und 1,4 cm Durchmesser. Die Hieroglyphenhöhe lag bei vermutlich maximal 5 mm. Der waagerechte Strich zwischen den beiden Königsnamen erweist sich als unverständlich und beruht eventuell auf einer Beschädigung des Siegels in diesem Bereich.
Erhaltungszustand:
Die Abrollung des Siegels ist im 2. Weltkrieg verloren gegangen. Lediglich die Zeichnung auf der Karteikarte (Abb. oben) hat sich erhalten.
Darstellung und Text:

Auf dem Krugverschluss waren nicht mehr alle Zeichen lesbar, so dass die großen Lücken in der Abschrift entstanden sind. Da es keinerlei Photo des Originals gibt lässt sich auch nicht mit Sicherheit klären, ob die Zeichen alle korrekt gedeutet wurden.
Transkription der Inventarkartenabschrift. (Abb. oben)
1) m#o.tj /// nb /// Hm-nTr Jnpw zH-nTrßJ
2) Or(.w)-nzw c.t-jb-t#.wj Nj-wsr-Ro(.w) Or(.w)-nzw c.t-jb-t#.wj Nj-wsr-Ro(.w)
3) wob-Ro(.w) nb.t-p.t [m] NXn-Ro(.w)?ßK wob /// Hm-nTr M#o.t?ßL///

4) [nzw]-bj.t nb.w gnw.t ///
5) /// w wob-nzw mrr nb=f Jnpw zH-nTr
6) Or(.w)-nzw c.t-jb-t#.wj Or(.w)-nzw c.t-jb-t#.wj
7) nzw cpd /// /// mrjj sw.t=fßM
a) Jnpw Xntj
/// /// /// Jnp.w jmn?

1) Der schaut /// des Herrn /// Gottesdiener des Anubis der Gotteshalle
2) Königlicher Horus Set-ib-taui Ni-user-Re; Königlicher Horus Set-ib-taui Ni-user-Re
3) Reinigunspriester des Re, des Herrn des Himmels [im] Sonnentempel des User-kaf? Reinigungspriester des ///, Gottesdiener der Maat? ///
4) Der König von Ober- und Unterägypten, der Herr der Annalen ///
5) /// der Reinigungspriester des Königs, geliebt bei seinem Herrn, Anubis der Gotteshalle
6) Königlicher Horus Set-ib-taui; Königlicher Horus Set-ib-taui
7) Der König, Sopdu /// /// geliebt an seinen Stätten
a) Anubis vor /// /// /// Anubis, jmn

ßJ - Die Lesung Jnpw zH-nTr wurde deshalb bevorzugt, da mir keine spielerische Schreibung des Hrj-sSt# aus dem Alten Reich bekannt ist. In der Frühzeit gibt es dafür zwar Belege vgl. Kaplony, Inschriften der Frühzeit, S. 174 und 639 aber auch dort sind diese immer ohne die Götterstandarte geschrieben. Da hier aber die Götterstandarte in beiden Fällen explizit geschrieben steht schließe ich eine Lesung als Hrj-sSt# aus. Außerdem ist der Titel Hm-nTtr Jnpw zH-nTr (Jones, Index OK, S. 506 Nr. 1895) gut belegt.
ßK - Die von Kaplony vorgeschlagene Ergänzung / Lesung NXn-Ro(.w) wird hier übernommen, da auch dieser Titel wob-Ro(.w) nb.t-p.t [m] NXn-Ro(.w) gut belegt (Jones, Index OK, S. 375, Nr. 1393).
ßL - Die stehende Figur vor dem Hm-nTr-Titel deute ich wie Steinmann, Tongefäße, S. 163 als Schreibung der Göttin Maat. Auch dieser Titel ist belegt (Jones, Index OK, S. 516, Nr. 1930).
ßM - Die Passage könnte vielleicht durch nzw cpd [nb(.w) X#s.wt] mrj sw.t=f - "Der König, geliebt von Sopdu, dem Herrn der Fremdländer an seinen Stätten" zu ergänzen sein. Vgl. dazu Schumacher, Der Gott Sopdu, S. 54ff.

Kommentar:
Das Stück ist bereits zwei mal veröffentlicht worden, trotzdem wird hier ein dritter "Übersetzungs-Vorschlag" unternommen, der sich weitestgehend an der Original-Abschrift orientiert und "Ergänzungen" außen vor lässt, da diese schwierig zu belegen sind, weil es weder das Objekt noch ein Photo davon gibt. Eine ähnliche Abrollung bzw. das Siegel selbst sind bislang nicht bekannt. Zu anderen Interpretationen der Siegels vgl. Steinmann und Kaplony (Bibl.-Angaben unten).
Von wem die oben abgebildete Abschrift auf der Karteikarte stammt ist unklar - die Hieroglyphenhandschrift entspricht nicht Steindorffs und auch nicht Borchardts, der die Siegelabrollung nach seiner Auffindung bis zur Teilung im Jahr 1905 in seinem Haus aufbewahrte.
Technische Angaben:


Geschichte des Stückes:
Da das Siegel eine Woche nach der Fundteilung am 04.05.1903 gefunden wurde kam es erst zur Teilung der darauffolgenden zweiten Kampagne im Jahr 1905. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde es in Borchardts Haus aufbewahrt. Das Objekt wurde durch die Bombenangriffe des 2. Weltkriegs zerstört.
zugehörige Objekte:

- Weibliches Skelett (geborgen aber durch schlechte Aufbewahrung auf der Grabung bereits zerstört).
- Zwei Bierkrüge (eventuell Leipzig, ÄMU 2543, 2544-2545 (Kriegsverlust) oder 2546).
- Knochen von Opfergaben - Schenkelstücke und Vogelknochen.
- Ein kompletter Satz von Miniatur-Gefäßen aus Kalzit-Alabaster:
69 kleine Opferschälchen (Hildesheim, PM 421h-x und Leipzig, ÄMU 2447-2462 und 2477, der Rest im Ägyptischen Museum Kairo, Inv.-Nr. unbekannt), 6 zylindrische Scheingefäße für Öl (hildesheim, PM 421f-g und Leipzig, ÄMU 2470-2472, das letzte im Ägyptischen Museum Kairo, Inv.-Nr. unbekannt), 6 Wasserscheingefäße (Hildesheim PM 421c-e und Leipzig, ÄMU 2467-2469), 4 Miniatur-Weinkrüge (Hildesheim, PM 421a-b und Leipzig, ÄMU 2473-2474) und 2 Henkelkrüge (vermutlich Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. unbekannt), 1 Waschgefäß (vermutlich Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. unbekannt) und eine Schale aus Kalkstein (vermutlich Ägyptisches Museum Kairo, Inv.-Nr. unbekannt).
- Gefäße aus Kupfer (Schale - Leipzig, ÄMU 2168; Gefäß mit Rundboden - Leipzig, ÄMU 2164 und darin ein kleineres Gefäß - Leipzig, ÄMU 2165).
- Werkzeuge aus Kupfer (Leipzig, ÄMU 2106, 2110-2111, 2116, 2129, 2596-2597, Hildesheim PM 2730-2732).
- Kopfstütze aus Kalkstein (Leipzig, ÄMU 2483).
- Diadem (Leipzig, ÄMU 2500).
- Vier Stockbeschläge aus Kupfer mit Blattgoldüberzug (Leipzig, ÄMU 2136-2137 und Hildesheim, PM 2743-2744).
- Schwarze, grüne, blaue Perlen eines Halsbandes mit Schnellkäfern "click-beetle" (Leipzig, ÄMU 3770) und 7 metallene Zwischenglieder (Leipzig, ÄMU 2190 (1-4) und Hildesheim, PM 2737-2739).

Bibliographie:
Kaplony, Peter, König Niuserrê und die Annalen, in: MDAIK 47 (1991), S. 195-204.
Steinmann, Frank, Tongefäße von der vordynastischen Zeit bis zum Ende des mittleren Reiches, Katalog Ägyptischer Sammlungen in Leipzig Bd. 2., Mainz 1998, Nr. 557, S. 163 und Taf. 3.
Literatur:

Kaplony, Peter, Die Inschriften der ägyptischen Frühzeit, Wiesbaden, Otto Harrassowitz, 1963. Band I-III (21.4 x 30.1 cm; 883 fig. on 154 pl.) = Ägyptologische Abhandlungen herausgegeben von Wolfgang Helck und Eberhard Otto, Band 8.
Schumacher, Inke W., Der Gott Sopdu, der Herr der Fremdländer, Freiburg Schweiz, 1988 = Orbis Biblicus et Orientalis, 79.

 
Photos: Keine.
 
Archivalien:

Tagebuch Steindorff 1903,
S. 176: außerdem die zu c und d gehörige Stiele, und andere kleine Metallteilchen, Reste von kleinen Platten, Nadeln etc., Alles muß erst von dem von fest anhaftenden Kalkstein befreit werden; besonders die Schälchen sind mit einer schönen Patina überzogen. In d. SO Ecke der Kammer ein bankartiger Vorsprung, darauf liegt ein gut erhaltenes Nilschlammsiegel von der Form einer Kugelkappe, darauf Inschrift: welche nach Dr. Borchardt’s Aussagen einem Priester des Königs, geliebt von seinem Herrn nennt. Der König ist Ne-woser-re von Abusir, dessen Horusnamen mehrere Male vorkommt. Auf Dr. B.s Rat soll in dieser Sache keine Teilung stattfinden, sondern die Funde gut eingepackt in seiner Wohnung bis zum nächsten Winter aufbewahrt werden, natürlich wird Quibell davon benachrichtigt werden.

Lageplan: Plan Hölscher 1903-1906
Blaupausen Mastaba D 200-214
Querschnitte D 208
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