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ÄMUL 2688

UL_2688
Standort: Ägyptisches Museum der Universität Leipzig
Inv.-Nr. 2688 - Kriegsverlust
Bezeichnung des Stückes: Statue eines schreitenden Mannes

Herkunft:

Giza, Westfriedhof, Zwergmastaba des Hetepi, Sargkammer
siehe Fundkontext
Erwerbung: Fundteilung 1903
Material: Holz mit Resten von Farbe (Fassung heute nicht mehr erhalten)
Maße: H. 60-70 cm
Datierung: späte 6. Dynastie (Merenre / Pepi II.) nach Harvey, Wooden statues
Beschreibung:
Beim Auffinden der Statue war das Holz rissig und das rechte Bein ganz weggebrochen, während vom linken der komplette Fuß fehlte. Die Statue war aus einem Stück gearbeitet - allenfalls die Fußspitzen von der Höhe des Mittelfußes an, könnten angesetzt gewesen sein. (Vgl. dazu auch den Befund von der Holzstatue PM 1574, die ebenfalls eine mit Zapfen angesetzte Fußspitze hatte.) Das Holz der Statue scheint dem alten Grabungsphoto nach zu urteilen in einem besseren Zustand gewesen zu sein als das der Statuen PM 1572 und 1574 und auch die Reste eines bemalten Halskragens sind deutlich auf dem Photo erkennbar. Tiefe Risse weist das Holz vor allem an der rechten vorderen Perückenhälfte, und dem Oberkörper auf. Von der rechten Faust fehlt die Oberfläche mit Daumen und Stücke des "Taschentuches"
Auch diese Statue wurde kurz nach der Auffindung zur Stabilisierung des Holzes paraffiniert.
Erhaltungszustand:
Die Statue ging während des 2. Weltkrieges verloren.
Darstellung und Text:
  Die Holzstatue eines Mannes ist schreitend mit dem linken Bein vorgesetzt, dessen Fuß jedoch verloren ist, dargestellt. Das rechte Bein, das ursprünlgich abgebrochen war konnte jedoch komplett wieder angefügt werden. Beide Arme waren freistehend gearbeitet und am Körper entlang heruntergeführt und die Hände zu Fäusten geballt.
Der Mann trägt einen Galaschurz mit Gürtel und Knoten und eine die Ohren bedeckende kugelige Löckchenperücke. Die einzelnen Körperpartien lassen die die Muskelpartien der Arme und Beine, sowie des Oberkörpers gut erkennen. Die Darstellung des Gesichts ähnelt sehr der Statue PM 1572 - es zeigt die gleichen fleischigen Wangenpartien und Nasolabialfalten, die modellierten Augenbrauen mit den reliefierten rundlichen, weit geöffneten Augen und dem markant ausgestalteten Mund. Die geradeaus blickenden Augen laufen in einem spitzenwinkel zur Nasenpartie hin aus.
Das Grabungsphoto zeigt deutlich noch einen aufgemalten, mehrteiligen Halskragen, der aber ebenso bei der Paraffinierung verloren gegangen sein muß, wie die Fassung der anderen beiden gefundenen Statuen.
Vom Fußbrett hat sich nur ein Rest unter dem rechten Fuß erhalten.
Ein Beschriftung hat sich nicht erhalten.
Kommentar:
  Die Statue wurde zusammen mit drei weiteren Holzstatuen (ÄM, Kairo Inv.-Nr. unbekannt, PM 1572 und PM 1574) in der Sargkammer an der Norwand entlang angelehnt, aufgestellt gefunden. Die Sitte Statuen in der Sargkammer aufzustellen wird erst ab der 6. Dynastie üblich und wird mit geänderten Jenseitsvorstellungen bzw. bei kleineren Mastabaanlagen mit den beschränkten finanziellen Verhältnissen ihrer Besitzer begründet. (Vgl. dazu Junker, Giza VII, S. 124f.) Bemerkenswert ist allerdings der Umstand, dass es sich bei den Statuen in der Sargkammer häufig um Holzfiguren handelte, z.B. bei %wfw-snb I, Ro-wr II aber auch Mry-Ro-H#-jS.t=f aus Sedment.
Technische Angaben:

Maße:
Die einzigen Maßangaben, die sich zu dieser Statue erhalten haben stammen aus dem Tagebuch von 1903, so dass die Angabe so unklar bleiben muss.
Gesondert gearbeitet und mit Zapfen angesetzt waren eventuell die Fußspitzen.
Steindorff erwähnt im Tagebuchvon 1903, S. 95, dass alle vier Holzfiguren Reste von Farbe aufweisen.

Geschichte des Stückes:
Die Statue wurde zusammen mit drei weiteren Standfiguren (zwei männlichen - PM 1572 und PM 1574) und einer weiblichen Statue (ÄM Kairo, Inv.-Nr. unbekannt) bei der Grabung 1903 gefunden. Die Figur gelangte durch die Fundteilung an Steindorff und damit an das Ägyptische Museum der Universität Leipzig.
zugehörige Objekte:
  Die Holzstatuen: PM 1572; PM 1574 und ÄM, Kairo, Inv.-Nr. unbekannt)
Die Reliefbruchstücke: ÄM, Kairo JE 57135 und JE 57164; eventuell noch ein weiterer Block ÄM, Kairo Inv.-Nr. unbekannt.
Schälchen, Becher, Bruchstücke von Mörteltöpfen - Verbleib unbekannt.
Scheintür des Otpj und rohes Relief auf der Norwand - in situ verblieben.
Bibliographie:
  - Harvey, Julia, Wooden Statuettes of the Old Kingdom, Leiden 2001 = EM 2, S. 68, 218f.
- Krauspe, Renate, Statuen und Statuetten, Mainz, 1997 = Katalog Ägyptischer Sammlungen in Leipzig, 1, S. 122f.
- Porter/Moss, Memphis III,1,2. Auflage, S. 117.
Literatur:
- Harvey, Julia, Wooden Statuettes of the Old Kingdom, Leiden 2001 = EM 2.
   
Photos:
   
   
Archivalien:  

Tagebuch Steindorff 1903,
S. 91: [...] Ausserdem wird der Mastaba-Bau hinter der kleinen Scheintür des „Königspriesters u. Propheten des Cheops Hetpj“ gesäubert. Hinter d. Scheintür ein mit Quadern nach N. zu ummauerter u. mit Ziegeln hintermauerte Brunnen. Auf den Quadern der N-Seite rohe Darstellungen: r. der Verstorbene sitzend, davor geschlachtetes Rind, bierbrauende Frauen. Der Brunnen wird geleert: im Schutt eine grosse Menge von Schälchen
S. 92: u. Becherchen, Bruchstücke von Mörteltöpfen u. anderen Gefässen des alten Reiches. Die kleinen Miniatur-Töpferwaren gewöhnl. in den Brunnen u. Kammern oder im Sande vor d. Mastabas gefunden. – Nachmittag kommt Newberry. Er fällt in d. Kammer mit den Stuckreliefs, zum Glück ohne sich zu verletzen. Zum Thee kommt u.a. Hofrat Schuchhardt, der Linguist aus Graz. Abends zum Essen bei Mace. Dann noch geschrieben. Wunderbare Vollmondnacht.
Sonnabend, 11. April.
Um 6 aufgerufen. Völz übernimmt die Aufsicht, ich photographiere. Der Brunnen der kleinen Mastaba des Hetepi, dessen Räumung gestern begonnen wurde, führt unten – nördlich zu einer Kammer, deren Zugang mit 2
S. 93: grossen Kalksteinblöcken geschlossen ist.
S. 93
An d. Nordwand lehnen vier Holzfiguren und zwar von O. aus: 1) stehende Frau 2) sitzender Mann 3) stehender Mann 4) kleiner stehender Mann. Die Figuren sehr brüchig, das Holz ganz weich; das Fussbrett von 3 und 4 ganz zerfallen, ebenfalls die Füsse. 1 und 3 sind verhältnismässig am besten erhalten; die Arme von 1 ganz lose. Die Freude über diesen schönen Fund wird leider durch die schlechte Erhaltung der Figuren schnell getrübt.
– Die Kammer ist in den Fels gehauen. In ihrer westlichen Hälfte befindet sich der Sarg. Sein Unterteil ist aus dem Fels herausgehauen; der Deckel besteht aus einem
S. 94: besonderem Stück; die Fugen sind mit Nilschlamm verschmiert. Doch sieht man durch eine schmale Spalte, dass der Sarg noch das Skelett enthält. – Aus dem Menahaus u. unseren Vorräten wurden Körbe, Kisten u. Packmaterial herbeigeschafft u. die Figuren mit grosser Sorgfalt verpackt. Um 12 h sind alle in meinem Schlafzimmer untergebracht.

1) Stehende Frau; kurze Perücke, in der Mitte gescheitelt, die gewöhnliche Frauenfrisur der 5. Dyn. Unter ihr kommen an d. Stirn d. Löckchen hervor. Die Arme hängen herab. Langes, eng anschliessendes Kleid. Die Füsse stehen in einer Linie. Rest von Bemalung (Armbänder, Halskette). Auf dem Fussbrett steht: S. 94, also die Mutter des Toten. H. 60 cm.
S. 95: 2) Sitzender Mann (der Verstorbene).In der Mitte gescheitelte Strähnenperücke, die die Ohren verdeckt. Kurzer Schurz. Die r. Hand liegt geballt, die l. ausgestreckt auf d. Knie. Auf dem würfelförmigen Sockel steht rechts:
S. 95_1H. ca. 35 cm.
3) Stehender Mann; kurze, die Ohren verdeckende Löckchenperücke; kurzer  Schurz. Die Arme hängen herab. H. 60-70 cm.4) Stehender Mann; kurze, die Ohren bedeckende Löckchenperücke; kurzer Schurz.
S. 95_2
Der r. Fuss vorgesetzt. Die Arme hängen herab; die l. Hand hielt wohl ein Scepter. H. ca 50 cm. Sehr zerbrochen. – Alle Figuren zeigen Farbspuren.
S. 114: [...] Nachmittag kommt Pelizaeus u. der Chemiker Prof. Schmidt aus Cairo, der sich die Holzstatuen ansieht. Er will Versuche für die Conservierung des Holzes machen. Ich fahre mit den Herren bis Gise.
S. 129: [...] Um Mittag kommt Herr Mace um 1 von den Holzstatuen zu photographieren
und das Skelett im Brunnen (vgl. Übersichtsplan Seite )
S. 130: St’s Onkel, und Weckels. Später gehe ich zu Mace zum Abendessen. Dort sind Proben von Holzconservierung mit Hilfe Paraffin geschehen, und mich überzeugt, dass das weiche, morsche Holzreste sind. – [...]
S. 137: [...] – Nachmittag fängt Möller an, die Holzfiguren des Hetpj mit heissem Paraffin zu tränken; sie werden sehr gut u. fest u. es ist
S. 138: Hoffnung, sie zu konservieren. [...]
S. 160: Montag, 4. Mai.
Um ½ 6 aufgestanden, um 6 kommt Quibell zur Teilung. Wir frühstücken erst vor dem Hause u. gehen dann an das schwere Geschäft. Meiner dringenden Bitte, dass ich die beiden vollständigen Statuengruppen haben müsse giebt Q. nach. Er nimmt dafür für das Museum den Denkstein des Vesj, die Gruppe ohne Köpfe, den doppelten Holzsarg, die grosse Holzfigur einer Frau aus d. Grabe des Hetpi und 7 von den Steinen mit Inschriften
u. Reliefs (No. 1.9.10.14.15.17.13 des Fundjournals). Der Rest verbleibt uns. Wir nehmen ein Protokoll auf, das vor uns beiden unterzeichnet wird. Betreffs der Kammer des Uhemka wünscht Maspero entweder sie an Ort u. Stelle zu belassen und den Touristen zugänglich zu machen oder sie – natürlich für einen anständigen Preis an mich zu verkaufen. Ich werde  darüber noch mit Maspero unterhandeln. Gegen 10 geht Quibell.

Lageplan: Plan Hölscher 1903-1906 - [pdf]
Blaupausen Mastaba D 200-214 - [pdf]
Fundkontext des Hetepi