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PM 1

PM 1
Standort: Hildesheim, Roemer- und Pelizaeus-Museum
Inv.-Nr. 1
Bezeichnung des Stückes: Statuengruppe des Jy-m-Htp und der onX-O(w).t-Or(.w)

Herkunft:

Giza, Westfriedhof, Mastaba D 215, im Serdab
Erwerbung: Fundteilung 1903
Material: Nummulitkalkstein
Maße: H. 63,0 cm; B. 39,0 cm; T. 36,5 cm
Datierung: Mitte 5. Dynastie nach Porter/Moss.
Mitte 5. Dynastie nach Martin-Pardey, CAA 1,1-8.
5. Dynastie nach Schwarz, Altägyptisches Lederhandwerk, B 6.
Mitte bis späte 5. Dynastie
Beschreibung:

Der Serdab der Mastaba D 215 wurde durch Steindorff am 22.04.1903 gefunden. Er lag an der nördlichen Wand der Kultkammer und war nur durch eine ca. 20 cm dicke Steinplatte zur Kultkammer hin verschlossen. Von der oberen Abdeckung war nur noch die vordere (südliche) Deckplatte erhalten, die hintere fehlter bereits, so dass der Serdab schon bei seiner Auffindung aufgebrochen aber seltsammer Weise zumindest nicht komplett beraubt war.
Vgl. Zeichnung Steindorff, Tgb. 1903, S. 123
S. 123

Erhaltungszustand:

Der Erhaltungszustand der Statuengruppe ist weitgehend vollständig. Es fehlt die linke Schulter und der Oberarm des Mannes, Teile der Finger seiner stehenden Faust und die vier Finger der linken Hand der Frau, die an seinem Oberarm auflagen. Beschädigungen gibt es auch an der linken Seite seiner Perücke sowie an seiner und ihrer Nase.
Die Steinoberfläche, besonders im Bereich ihrer Perücken und Oberkörper wirkt porös und kleinere Steinpartikel sind abgeplatzt. Der Zustand der Steinoberfläche war bereits bei der Auffindung angegriffen und hatte sich im Laufe der Zeit weiter verschlechtert. Daher wurde die Statuengruppe in der Zeit vom 03.09.1965 bis zum 08.06.1966 einer Wässerung unterzogen (Vgl. Strecker PM 1). Dabei gingen sowohl die Verfärbungen und Sandablagerungen der Steinoberfläche verloren als auch die nur spärlich erhaltene Bemalung, die heute nur in ganz geringen Resten erhalten ist. Tiefe Risse und Löcher wurden mit Stuckmasse verfüllt.

Darstellung und Text:
 

Die Kalksteinerne Statuengruppe des Jy-m-Htp und der onX-O(w).t-Or(.w) ist aus einem Steinblock gearbeitet. Jy-m-Htp sitz auf einem kuboidem Sockel mit Basis. Seine Frau onX-O(w).t-Or(.w) steht auf einer etwas niedrigeren rechtwinkligen Basis, die deutlich kürzer ist als seine, rechts neben ihrem Mann. Die Ecken der Basen waren abgerundet und die Höhe ist leicht nach vorne hin abfallend.
Jy-m-Htp trägt die kurze Löckchenperücke und den einfachen Schurz mit Gürtel. Seine Arme liegen am Körper an und seine rechte stehende Faust liegt auf seinem Oberschenkel und die seine linke Hand liegt flach ausgestreckt ebenfalls auf dem Schenkel. In der stehenden Faust sieht man den Steinkern noch plastisch herausgearbeitet. Der Oberkörper lässt Schultern, Brust, Taille und Bauch gut erkennen. Die Beine zeigen deutlich die Kniescheiben und die ausgeführten Muskeln der Waden, als auch die Schienbeine. Die Finger und Zehen sind sorgfältig modelliert und lassen Nägel und Nagelringe noch gut erkennen.
Sein Gesicht wirkt durch die vollen Wangen rundlich. Die Augen stehen auf einer waagerechten Lidachse und zeigen ein doppelte Reliefierung der Augenlider. Die Nase hat einen kurzen, kräftigen Nasenrücken und breite Nasenflügel. Die Mundspalte verläuft waagerechte und die Unterlippe ist unwesentlich breiter als die Oberlippe. Die Lippen sind leicht geschwungen und die Mundwinkel sind gerade, wenn auch leicht nach oben gezogen, wodurch der Eindruck eines Lächelns entsteht.
onX-O(w).t-Or(.w) steht deutlich kleiner dargestellt mit geschlossenen Beinen rechts neben ihrem sitzenden Mann, dessen linke Schulter sie mit ihrem linken Arm umfasst. Ihren rechten Arm führt sie am Körper herab, ballt die Hand allerdings zur Faust, in der man den Steinkern gut erkennt. onX-O(w).t-Or(.w) steht vor einem Rückenpfeiler, der bis etwa zur Mitte ihrer kurzen Strähnenperücke reicht. Der Zwischenraum zwischen beiden Figur ist herausgearbeitet, so dass ihr Arm frei modelliert ist.
Sie trägt die kurze Strähnenperücke, die in der Mitte gescheitelt ist und das lange Trägerkleid. Auch ihre Finger- und Fußnägel sind sorgfältig ausgeführt und lassen noch den Nagel und Nagelring erkennen. Ihre Körperproportionen scheinen leicht durch das Trägergewand durch. Die Ausführung ihres Gesichtes ähnelt der ihres Mannes. Auch ihre Augen zeigen leicht erhabene Augenbrauen und die waagerechte Lidachse mit den doppelt reliefierten Augenlidern. Die Nase hat ebenfalls einen kurzen, kräftigen Nasenrücken und breiten nasenflügeln. Der Mund ist etwas kleiner als der ihres Mannes und die Mundspalte verläuft gerade, allerdings sind die Lippen etwas voller. Ihre Mundwinkel sind ebenfalls leicht hochgezogen, was ihr einen lächelnden Gesichtsausdruck verschafft.

Auf der Vorderseite des Sitzes des Jy-m-Htp stehen links und rechts neben den Beinen die gleiche Inschriften und Füßen:
jry-X.t-nzw | xry-o-gsw-nzw
"Beauftragter für die Angelegenheiten des Königs", "Gehilfe der königlichen Lederarbeiter"
Zu den Titeln siehe Jones, Index OK, 163,626; 59,279 und 327,1206.
Vor seinen Füßen steht sein Name:
Jy-m-Htp
Ii-em-hotep.
Zum Namen siehe Ranke, PN I, 9,2.

Vor den Füßen
der onX-O(w).t-Or(.w) steht:
Xm.t=f mr(j).t=f
mjtr.t onX-O(w).t-Or(.w)

Seine geliebte Frau,
die "Dame" Anch-Hathor.
Zu dem Titel siehe Jones, Index OK, 424, 1572 und Daoud, False-door, in: SAK 23 (1996), 88-96.
Zum Namen siehe
(Ranke, PN I, 65,24.

Kommentar:
  Zum Titel "xry-o-gsw-nzw" sei angemerkt, dass der Titel im allgemein als xry-o-gsw-nzw gelesen wird. Allerdings stünde auch die Variante im Raum den Titel als xry-o-nzw-gsw - also in der Übersetzung als "Königlicher Gehilfe der Lederhandwerker" wiederzugeben. Auch die Aufteilung der Titelsequenz in xry-o-nzw und gsw wäre denkbar. Welche Lesung korrekt ist kann hier nicht entschieden werden. Junker übersieht in seinen Publikationen (Junker, Weta, S. 16f. und MDAIK 14, S. 101) das nzw und kann daher in der Kommentierung seiner Übersetzung nicht herangezogen werden.
Interessant ist die Anbringung der Inschrift auf der Basis des Jy-m-Htp
, die erkennen lässt, dass der Name des Mannes als erstes vor den Füßen angebracht wurde, da die gleichlautende Inschrift neben den Füßen die Besonderheit aufweist, dass sie auf der linken Seite etwas weniger Platz in der Länge zur Verfügung hatte aber dafür das Xr nTr in ein Hieroglyphenquadrat ziehen konnte, weil es noch etwas Platz hinter dem Namen gab.
Technische Angaben:

Maße:
H. des Rückenpfeilers: 53,0 cm; (rechts): 47,0 cm.
B. der Basis (hinten): 37,5 cm.
B. der Basis vorn beim Mann: 15,5 cm.
H. der Basis an der Sitzvorderkante: 10,0 cm.
H. der Basis vorn beim Mann: 9,0 cm.
B. der Basis vorn bei der Frau: 13,0 cm.
H. der Basis bei der Frau: 6,0 cm.
Abstand zwischen den Vorderkanten ihrer und seiner Basis: 11,0 cm

Farben:
Spuren von gelber Farbe am linken Arm der Frau.
Reste von rötlich-brauner Farbe an seinen Füßen, Beinen und Armen.
Spuren von Farbe (vermutlich schwarz) an der Perücke (vgl. Steindorff Tgb. 1903, S. 123.

Geschichte des Stückes:
Die Statue wurde im Frühjahr 1903 durch Steindorff in ihrem Serdab gefunden und geborgen. Sie kam noch im gleichen Jahr zur Fundteilung.
zugehörige Objekte:
  Keine.
Bibliographie:
 

- Das Alte Reich. Ägypten im Zeitalter der Pyramiden. Roemer- und Pelizaeus-Museum, Hildesheim, Mainz, 1986, S. 57.
- Kayser, Hans, Die ägyptischen Altertümer im Roemer-Pelizaeus-Museum in Hildesheim. Hildesheim, 1973 = Pelizaeus-Museum zu Hildesheim/Wiss. Veröffentlichung, 8, S. 46.
- Martin-Pardey, Eva, Plastik des Alten Reiches. Teil 1, Mainz/Rhein, 1977 = Corpus antiquitatum aegyptiacarum. Lose-Blatt-Katalog ägyptischer Altertümer. Pelizaeus Museum. Hildesheim. Lieferung 1. S. 1,1-1,8.
- Porter, Bertha and Rosalind B. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings. III. Memphis. Part I. Abû Rawâsh to Abûsîr. Oxford, 1974, S. 117.

Literatur:
- Fitzenreiter, Martin, Statue und Kult, Eine Studie der funerären Praxis, an nichtköniglichen Grabanlagen der Residenz im Alten Reich,Internet-Beiträge zur Ägyptologie und Sudanarchäologie, Vol. III (IBAES III), Humboldt-Universität zu Berlin,Berlin 2001
- Junker, Hermann, Weta und das Lederkunsthandwerk im Alten Reich, Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Sitzungsberichte, 231. Band, 1. Abhandlung, Wien, 1957.
- Schwarz, Stephanie, Altägyptisches Lederhandwerk, Europäische Hochschulschriften, Reihe XXVIII, Kunstgeschichte, Bd. 365, Frankfurt a. M., 2000.
   
Photos:
N-ÄMUL 3728
Photo Kriegsverlust
   
Archivalien:  

Tgb. 1903 [Original pdf] [Abschrift pdf]

S. 122 […] Mittwoch den 22. IV. Am Morgen wird in dem Serdâb der neu in Angriff genommenen Mastaba W eine Kalksteindoppelstatue gefunden. Der Mann sitzt auf einem klotzigen Stuhl, hält die linke Hand flach, die rechte geballt auf den Knien, Frau steht neben ihm und umfasst mit der linken seine linke Schulter. Es fehlt nur ein Stück des Oberarms und der Schulter des Mannes

S. 123 und der dort befindlichen Hand der Frau. An dieser Stelle fand sich zwischen linker Schulter des Mannes und östlicher Serdabwand ein Stein eingeklemmt. Die Statue scheint schon vor dem Aufstellen im Serdab beschädigt gewesen zu sein, das fehlende Stück wurde trotz eifrigen Suchens nicht gefunden. Die Decke des Serdabs war zur Hälfte noch erhalten; im Schnitt so:
S. 123
Von Farben nur an den Perrücken schwache Spuren, der Kalkstein etwas
rauh und hat schon etwas gelitten, in seinem Profil, die Nasen etwas beschädigt, so daß diese Gruppe nicht so schön wie unsere erste ist. – Zur Lage des Serdabs vgl. Seite: 127
Die Leute, die an dieser Stelle bei Achmed Muse arbeiteten, bemächtigt

S. 124 sich einer großen Aufregung, ein jeder sucht in der Nähe des Serdâbs zu graben. ------ […]

S. 127
S. 127
1-3 Brunnen
S = Serdab
X Grabanbau
Interessant ist, daß der Serdab nur durch eine Ellen dicke Steinplatte nach außen geschlossen ist, wir werden daher noch einmal bei früher ausgegrabenen Mastaba’s, bei den wir keine Serdabs gefunden haben die Mauern dicht bei der Kammer untersuchen müssen. – Abends kommt Geld von Pelizäus, und Brief mit der Bitte, ihm zu schreiben, wie viel Statuen wir ausgebuddelt hätten!

S. 139 […] Bei Mastaba W (Seite 127) wird Brunnen 3 heute freigelegt. Noch nicht erbrochene Kammer nach Westen. Gutes Skelett in zusammengekauerter Stellung. Brunnen 1 und 2 schon in voriger Woche freigelegt. 1) Die Brunnen oben aus Bruchsteinen gemauert, unten aus d. Fels gehauen. Kammer nach West, war erbrochen, Knochen im Sande zerstreut.
Brunnen 2, Kammer nach Ost, uneröffnet, gut erhaltenes Skelett in zusammengekauerter

S. 140 Lage. An W. westl. noch ein kleiner Grabanbau x , war erbrochen, keine Knochen darin. (vgl. Seite 127). […]

S. 149 […] Ich photographiere Vormittag. Dabei sehe ich, dass die in W gefundeneDoppelstatue Inschriften trägt; die Frau ist S. 149_1 Seine geliebte Frau, Hathor-n-onX.
Er ist: S. 149_2

S. 150 S. 150„der kgl. Verwandte Imhotep.“
Vormittag Besuch von Dr. Rubensohn, Dr. Knaatz (Cassel), Dr. Möller. R. ist ganz entzückt von unseren Statuen. Ich fahre um 3 h nach Cairo, um beim Credit Lyonais Geld zu erheben. Auf einen Sprung bei Borchardt.
Um 8 wieder im Lager. Nach d. Essen Tagebuch. […]

Lageplan: Plan Junker, Giza IX, Plan I - [pdf]
Plan Junker, Giza IX, Abb. 35 - [pdf]